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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


angela starck Während über die vergangenen Jahre hinweg Ge-schwindigkeit und Qualität beim digi-talen Grossformatdruck immer weiter zugenommen haben, rückt nun immer mehr die Erhöhung der Produktivität beim Grossformatdruck in den Fokus der Branche.

Gerade die sehr schnellen digitalen Grossformatdrucksysteme mit Geschwindigkeiten von 500 Quadratmetern in der Stunde und mehr sollen inzwischen häufiger in Weiterverarbeitungsumgebungen bis hin zu komplett digitalen und vollautomatisch arbeitenden Linien für die Produktion rund um die Uhr eingebunden werden. Dabei dient die Automatisierung beziehungsweise die Integration der Weiterverarbeitung natürlich in erster Linie der Kosteneinsparung und der möglichst effektiven Auslastung der Drucksysteme sowie der anderen am Workflow beteiligten Komponenten.

Aber auch bei geringerer Produktivität oder in der wachsenden Anzahl von gemischten Produktionsumgebungen, in denen mehrere Printer nebeneinander arbeiten, ist die Automatisierung von aufwändigen Arbeitsschritten durchaus sinnvoll.

Problematische Integration

Angesichts der grossen Vielfalt von Anwendungen, die mit dem digitalen Grossformatdruck realisiert werden können, den verschiedenen Druckverfahren, Farben, Materialien und Anforderungen der Druckbetriebe jeder Grösse gibt es kaum Standardlösungen zur Automatisierung im Grossformat-Bereich.

Auch die Anzahl von Integratoren, die bei der Auswahl der verschiedenen Druck- und Weiterverarbeitungssysteme helfen, diese aufeinander abstimmen und in einen Workflow einbinden, ist bislang übersichtlich. Allerdings gibt es eine zunehmende Anzahl an Händlern wie zum Beispiel DP-Solutions in Renchen (D), die ihren Kunden bei der Realisierung von Integrationslösungen zur Seite stehen. Im Textilbereich bietet zum Beispiel Multiplot seinen Kunden die Integration der verschiedenen Weiterverarbeitungsschritte an. Der Textilspezialist kann auf Wunsch auch komplette Linien für den Inline-Textildruck zusammenstellen und aufeinander abstimmen.

Geht es um hochproduktive Systeme grosser Hersteller, bieten auch die Unternehmen selbst – zum Beispiel Agfa oder HP zusammen mit ihren jeweiligen Partnerunternehmen – Hilfestellung bei der Hardware und Software betreffenden Integration ihrer Maschinen in den Workflow des Druckbetriebes.

Durst, der Grossformat-Inkjet-Spezialist, hat bereits vor zwei Jahren eine eigene Business-Unit für diese Aufgaben gegründet. Die Durst Systembau entwickelt individuelle Konzepte bis hin zu kompletten Produktionsstrassen, die bei Bedarf auch rund um die Uhr und fast mannlos laufen. Die Business-Unit entwickelt auf der Basis von Durst-Printern Konzepte für den grafischen Bereich, etwa für den Plattendruck oder Wellpappenstrassen, aber auch für industrielle Spezialanlagen für das Bedrucken von Keramik, Holz oder Glas mit nachfolgender Weiterverarbeitung für den industriellen Druckbereich.

Automatisierungsmöglichkeiten

Die Automatisierungsmöglichkeiten setzen bereits vor dem Druck an – so lassen sich Flachbettdrucksysteme beispielsweise mit einem Feeder oder Bogenanleger versehen, der den Printer automatisch mit Bedruckstoffen beliefert.

Umfangreicher sind die Automatisierungsmöglichkeiten natürlich bei der Nachbearbeitung von grossformatigen Drucken. Dabei gehören das Lackieren, das Laminieren oder das Kaschieren zu den häufigsten Arbeitsschritten. Sehr häufig müssen die bedruckten Materialien auch geschnitten beziehungsweise konturgeschnitten werden.

Im Bereich des Textildrucks sind je nach verwendetem Druckverfahren, Material und Tinten zusätzlich weitere Arbeiten wie Fixieren, Waschen, Dämpfen und Trocknen nötig.

Daneben gibt es noch diverse Weiterverarbeitungsschritte für spezielle Anwendungen, die sich ebenfalls automatisieren lassen. Dazu gehört unter anderem die Konfektionierung, also das Verschweissen, Verkleben oder Vernähen sowie das Stanzen von Ösen bei besonders grossformatigen Poster- und Banneranwendungen oder im indust­riellen Segment, das Einbrennen von Farben beim Keramik- oder Glasdruck.

Produktivität und Automatisierungsgrad

Wie weit die Automatisierung im Einzelfall gehen soll, ist abhängig von den produzierten Anwendungen, den eingesetzten Drucksystemen, Druckverfahren und Medien sowie von der geforderten Produktivität.

Im hochproduktiven Segment lassen sich ganze Maschinenlinien, die Produktserien auch mit individuellen Motiven fertigen, mit aufeinander abgestimmten Weiterverarbeitungsstationen für die Inline-Fertigung zusammenstellen und erreichen damit eine sehr hohe Produktivität.

Wenn es sich um eine gemischte Produktionsumgebung handelt, in der verschiedene Printer auf unterschiedlichen Bedruckstoffen für ganz unterschiedliche Anwendungen drucken, macht eine Inline-Fertigung in der Regel weniger Sinn. In diesem Fall sollen etwa Drucke verschiedener Printer in einer Arbeitsstation laminiert und anschliessend etwa mit XY-Schnitten oder Konturschnitten versehen werden.

Um nun zum Beispiel die Drucke vom Printer zum Schneidetisch zu transportieren, kann zwar, etwa bei sehr produktiven grossen Druckbetrieben, automatische Fördertechnik in den Workflow integriert werden, häufig werden solche Arbeitsschritte aber auch weiterhin manuell ausgeführt.

Ähnlich sieht es im kleinen Produktionsumfeld aus, wenn zum Beispiel nur ein Grossformatdrucker im Betrieb vorhanden ist. Hier macht es sogar häufig Sinn, noch auf manuelle Weiterverarbeitungsschritte zurückzugreifen, um Anwendungen unterschiedlicher Art produzieren zu können. Aber auch der Einsatz weniger schneller oder halbautomatischer Weiterverarbeitungssysteme ist in diesem Bereich oftmals sinnvoll.

Inline-Fertigung beim Hochgeschwindigkeitsdruck

Wohin die Reise in diesem Bereich geht, zeigen hochproduktive digitale Grossformatdrucksysteme wie zum Beispiel die Agfa Mpress Tiger, deren maximale Ausgabegeschwindigkeit mit 686 Quadratmetern in der Stunde angegeben ist, und die sich an den Produktionsabläufen am analogen Druck (Siebdruck) orientiert. Das Hochgeschwindigkeits-Flachbett-Inkjetdrucksystem von Agfa und Thieme ist modular aufgebaut. Es besteht neben dem eigentlichen Printer aus einem vollautomatischen Bogenanleger. Danach richtet eine Zufuhreinheit mit einem Greifersystem jeden Bogen für den automatisierten Materialtransport aus.

Für die Weiterverarbeitung nach dem digitalen Druck lässt sich die Mpress Tiger darüber hinaus mit Inline-Siebdruckstationen ausstatten, die das Aufbringen von Primern und Lacken, das Drucken von Sonderfarben, Gold-, Silber- und Weissdruck und auch den Einsatz von thermischen Farben oder Duftfarben ohne Produktivitätsverlust erlauben sollen.

Die weiteren Stationen bilden ein industrieller UV-Trockner, ein Bogenauslauf, der die Drucke zum Abstapler transportiert sowie der Abstapler, der die Bogen fertig auf ein Palett stapelt. Für die Steuerung der Abläufe ist die Workflow-Software Apogee Vibe vorgesehen.

Ein weiteres Beispiel für schnelle digitale Grossformatdrucksysteme mit hochgradig automatisierter Inline-Weiterverarbeitung zeigte Durst auf der letzten Drupa mit seiner, auf dem 2,5 Meter-UV-Grossformatdrucker Rho 1000 basierenden, Wellpappe-Produktionseinheit mit integriertem Walzenlackiersystem. Die Produktionseinheit produziert vollautomatisch rund um die Uhr von Palett zu Palett und soll dabei Produktionskapazitäten von bis zu 500 Quadratmetern pro Stunde erreichen. Sie besteht neben dem Drucksystem aus einem Bogenanleger, einem Registriertisch, einem Lackiersystem, einem Ablauftisch sowie einem Bogenstapler.

Brandneu ist das digitale Wandbekleidungssystem für den wachsenden Markt für individuelle Inneneinrichtungen von HP. Das automatisierte System nutzt im ersten Schritt einen HP-Latexprinter zur Ausgabe von Mustern oder eingeschränkten Kleinserien direkt auf den Produktionsmedien. Für den Produktionsdruck integriert es die Industriedrucker HP Scitex LX600 oder LX850. Inline an den Produktionsdrucker angeschlossen werden kann das neue automatische Schneidesystem XLD 170 WP von Fotoba, das sich für den XY-Schnitt flexibler Medien eignet. Gesteuert wird die Lösung zum einen vom cloud-basierten Webservice HP Wall Art sowie von der RIP-Software des HP-Partnerunternehmens AVA, die Funktionen wie eine erweiterte Kontrolle über die Farbdarstellung und das Rippen der Druckdaten übernimmt. Als Teil des voll integrierten Systems erzeugt die Software auch automatisch Passermarken für die Fotoba-Schneidemaschine.

Lackieren, Laminieren und Kaschieren

Zahlreiche Anwendungen, besonders jene, die für den Einsatz im Outdoor­bereich vorgesehen sind, erfordern eine Lackierung, Laminierung oder Kaschierung der Grossformatdrucke. Für viele Anwendungen ist auch der Auftrag von Primern vor dem Druck notwendig. Am schnellsten erfolgen diese Arbeitsschritte natürlich inline, wie bei den oben genannten Beispielen von Durst und Agfa.

Aber auch für mittlere und kleinere Produktionskapazitäten und/oder gemischte Printerumgebungen sind verschiedene grossformatige Laminier-, Lackier- und Kaschiersysteme von zahlreichen Herstellern wie Bürkle, Biedermann, GBC, GMP, Seal, Vivid, Kala oder Spandex erhältlich.

Für die schnelle UV-Flüssiglaminierung von flexiblen und starren Medien eignen sich beispielsweise die Geräte der Liquid-Coater-LFC-Reihe von Bürkle, die bis zu einer Arbeitsbreite von 2,10 Metern erhältlich sind. Sie bieten Vorschubgeschwindigkeiten von 5 bis 25 Metern pro Minute und verarbeiten Materialien bis zu einer Stärke von 80 Millimetern.

Rollenlaminatoren zum Heiss-, Kalt- und Folienlaminieren von flexiblen Materialien sind unter anderem auch von Seal erhältlich. Je nach System besitzen diese Arbeitsbreiten bis 3,30 Meter und erreichen Verarbeitungsgeschwindigkeiten von bis zu 6 Metern pro Minute.

Für die Heiss- oder Kaltkaschierung stellte etwa Vivid Laminating Technologies auf der vergangenen Drupa eine neue Serie von grossformatigen Kaschiermaschinen vor. Die Polarsign-Einstiegsgeräte-Reihe besteht aus vier Modellen, die es in Breiten bis 1,6 Metern gibt und die Geschwindigkeiten von maximal 6 Metern pro Minute erzielen.

Automatisierte Schneideprozesse

Beim Schneiden geht es um gerade Schnitte in XY-Richtung oder den aufwändigen Konturschnitt, bei dem der Druck entlang einer vorher definierten Schnittlinie in einer nahezu beliebigen Form geschnitten werden kann.

Für den geringeren Durchsatz beispielsweise bei der Produktion von konturgeschnittenen Aufklebern, Eti-ketten oder Schildern gibt es etwa von Mimaki, Summa oder Roland so genannte Print & Cut-Systeme, die das Drucken und Schneiden in einem Gerät übernehmen.

Benötigt man, etwa in gemischten Produktionsumgebungen, Geräte, die nur das Schneiden von dünneren und flexiblen Materialien übernehmen, so bieten sich Rollen-Schneidesysteme an. Um starre Plattenmaterialien wie Wellpappe, Leichtschaumplatten, Alu Dibond, Aluminium, PVC, Glas oder Plexiglas schneiden zu können, eignen sich halbautomatische und automatische Systeme, die je nach Material mit verschiedenen Messern und Schneidekopfeinsätzen arbeiten können.

Einen teilweise manuellen Einsatz erfordern halbautomatische Schneidegeräte, wie sie etwa Hersteller wie Fletcher Terry oder Inglet anbieten. Für das schnelle automatisierte Schneiden in XY-Richtung kommen Systeme zum Beispiel von Neolt oder Fotoba zum Einsatz. So eignet sich etwa der automatische Kartonschneider XLF 200 X/Y von Fotoba zum Schneiden von leichten, starren Materialien bis zwei Meter Breite.

Digitale Schneidetische

Erheblich teurer, aber auch wesentlich produktiver und vielseitiger einsetzbar sind vollautomatisch arbeitende digitale Schneidetische. Diese Systeme können eine Vielzahl von starren und flexiblen Substraten nahezu selbständig schneiden und konturschneiden. Ausgestattet mit automatischen Be- und Entladesystemen lässt sich die Produktionsgeschwindigkeit weiter steigern.

Digitale Cut-Systeme sind in der Regel modular aufgebaut – sie lassen sich zum Beispiel mit Tischen verschiedener Grösse konfigurieren und erlauben es dank Kameraüberwachung zur Erkennung von Passermarken und unterschiedlicher Werkzeugeinsätze und -köpfe, Materialien verschiedener Art vollautomatisch mit hoher Geschwindigkeit zu schneiden, zu trennen, zu ritzen, zu rillen oder zu fräsen.

Derartige Systeme werden über eine entsprechende Software gesteuert, welche die zuvor etwa in einer Gestaltungs- oder CAD-Anwendung erstellten Daten in Schneidekonturen umwandelt und mit Funktionen wie dem Nesting die Möglichkeit bietet, die zu schneidenden Teile platzsparend auf dem Schneidematerial zu verteilen und so den Verschnitt zu reduzieren. Darüber hinaus erlaubt es die Steuersoftware, die Maschine in den jeweiligen Workflow einzubinden.

Digitale Schneidesysteme sind von verschiedenen Herstellern wie Esko, Aristo, Zünd und Topcut Bullmer erhältlich. Der neue Kongsberg XN von Esko ist zum Beispiel mit Tischgrössen von bis zu 2,21 mal 6,55 Metern erhältlich und ist mit einer 3-Kilowatt-Hochleistungsspindel ausgestattet. Tischgrössen bis maximal 5,3 mal 5,2 Metern bietet die neue Aristomat-Large-Format-Cutter-Serie LFC von Aristo, die Materialien bis zu einer Stärke von 60 Millimetern schneidet. Kompakter ist die ebenfalls neue Schneidetisch-Linie S3 von Zünd, die dank ihres Direktantriebs sehr schnell ist und sich mit Arbeitsflächen bis zu 1,6 mal 1,8 Metern ausstatten lässt. Von Topcut Bullmer kommt die neue Schneidemaschine Premiumcut ELC mit einer Arbeitsbreite von 5,2 Metern. Sie schneidet eine Vielzahl von Substraten mit einer Länge von bis zu 7 Metern mit Schnittgeschwindigkeiten bis zu 120 Metern pro Minute.

Steuerung per Software

Je höher die Produktion beim Druck von Grossformaten automatisiert ist, desto notwendiger ist deren Steuerung per Software. Bei der hoch automatisierten Inline-Produktion gibt es keine Alternative zur Steuerung des gesamten Ablaufs durch Workflow-Applikationen. Auch bei kleinen und gemischten Produktionsumgebungen mit vielen unterschiedlichen Aufträgen kann die Software-Steuerung der teils komplizierten Abläufe die Produktivität deutlich steigern.

Dabei spiegeln die entsprechenden Lösungen wie RIP- und Workflow-Software die zunehmende Komplexität der unterschiedlichen Druckprozesse bei einer rasant wachsenden Zunahme an Anwendungsmöglichkeiten wider.

Lösungen wie zum Beispiel Colorgate Productionserver, SAI Pixelblaster, GMG Production Suite oder Ergosoft Posterprint bieten neben dem Farbmanagement je nach Applikation diverse weitere Funktionen wie Hilfsmittel zur Produktionskontrolle und zur Automatisierung der Job-Aufbereitung sowie darüber hinaus auch die Anbindung von Web-Shops. Die Lösungen sind in der Regel modular aufgebaut und bei Bedarf erweiterbar – etwa um auch die Steuerung von digitalen Schneidetischen zu übernehmen.

Umfangreichere Lösungen wie I-Cut Automate von Esko übernehmen dagegen von Haus aus auch die Ansteuerung der Kongsberg Cutter, sodass sich der Produktionsprozess vom Entwurf über den Druck bis hin zum Zuschnitt im Wesentlichen mit standardisierter Software regeln lässt.

Die Steuerung der Aufgaben in sehr komplexen Produktionslinien ist allerdings nur mit spezieller Software möglich, welche die Kontrollfunktionen der verschiedenen Maschinenkomponenten und Förderanlagen, die Bestandteil des Workflows sind, aufeinander abstimmt. Dies geschieht durch die Programmierung der Schnittstellen der verschiedenen beteiligten Hardwarekomponenten. Auf diese Weise lassen sich Drucksysteme und beispielsweise Lackierwerke und Schneidemaschinen sowie die dazwischenliegenden Förderanlagen von unterschiedlichen Herstellern zu ganzen Inline-Produktionsstrassen verbinden.

Auch wenn die Automatisierung und Integration der Weiterverarbeitung im Bereich des Grossformatdrucks noch in den Startlöchern stehen, ist die Investition in Weiterverarbeitungssysteme und eine entsprechende Automatisierung für Druckbetriebe verschiedener Grösse gleichzeitig auch immer eine Investition in die unternehmenseigene Wertschöpfungskette. Die Automatisierung aufwändiger Arbeitsschritte bietet auch deswegen ein grosses Potenzial, weil sich die Weiterverarbeitung von Grossformatprints oftmals als einträglicher erweisen kann als der Druck selbst.